Christian Masengarb

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Nationalismus ist eine Form von Feigheit

Posted on 2. Juli 201919. November 2019 by Christian Masengarb

Nationalismus in Europa gefährdet den Wohlstand. Denn Beziehungen zwischen Ländern sind ein Frühwarnsystem, das Probleme löst, bevor sie zu Krisen werden. Nationalismus schadet dem nur.

Nationalisten inszenieren sich gerne als Macht der Stärke. Matteo Salvini in Italien, Marine Le Pen in Frankreich und die AfD in Deutschland versprechen, ihre Länder zurück zu alter Größe zu führen. „Schluss mit diesen EU-Weicheiern aus Brüssel, Schluss mit Kompromissen. Wir können alle Probleme lösen, indem wir Härte zeigen“ – Nationalisten halten es für mutig, so zu denken.

„Liebe" Frau Merkel, ziehen Sie sich warm an. Ich stehe bald am Mikrofon im Deutschen Bundestag!

— Alexander Gauland (@AG_AfD) October 6, 2017
Inszeniert sich als knallhart: Alexander Gauland, AfD.

Nun mag das alles ganz stark klingen. Helden, die den einen Ort, an dem die Welt noch in Ordnung ist, gegen die Feinde von außen verteidigen. Und gegen die Schwächlinge im Inneren, die den Verfall geschehen lassen. Das könnte aus Hollywood stammen.

Da gehört es aber auch hin. Denn es ist Schein. Der Rückzug in Einsamkeit und Isolation hat nichts mit Stärke zu tun. Er ist ein Zeichen von Überforderung. Nationalisten sind zu schwach, den Wahrheiten ins Auge zu sehen, die sie im Kontakt mit anderen Ländern erkennen. Also wollen sie sich die Lage in ungestört schönreden. Und die Probleme in der Zwischenzeit schlimmer werden lassen.

Nationalismus gefährdet den Wohlstand

Staaten erkennen durch die Beziehungen zu anderen Ländern Probleme, bevor sie zu ausgewachsenen Krisen werden. Das funktioniert ähnlich wie beim Menschen. Ein Beispiel: Ein alleinstehender Mann kann zu viel Geld ausgeben, zu wenig schlafen und ungesund essen. Er schadet nur sich selbst. Doch sucht er sich eine Freundin und zieht mit ihr zusammen, fällt alles auch auf sie zurück. Das lässt sie nicht ewig mit sich machen. Sie mahnt ihn zu Vernunft, Sparsamkeit und Verantwortung.

Der Mann muss sich entscheiden: Will er an sich arbeiten? Oder will er seine Freundin rauswerfen und sich einreden, ewig wie mit 20 leben zu können. Wählt er die die zweite Option, steht er bei der nächsten Freundin vor dem gleichen Dilemma. Will er nicht pleite, krank und einsam enden, muss er irgendwann einsehen, dass seine Probleme nicht vergehen, wenn er die Menschen aus seinem Leben drängt, an denen er sie erkennt. Sie helfen ihm, sich zu entwickeln. Auch wenn das manchmal weh tut.

Ähnlich ist es mit Ländern. Auf sich alleine gestellt, könnten die Italiener weiter so tun, als seien Inflation und Schuldenmachen die Lösung aller Probleme. Die Briten könnten sich einreden, dass die Festländer an allen Schlechtem Schuld sind, und die Deutschen, dass ihr Exportüberschuss der Welt nur Vorteile bringt. Die eigentlichen Probleme blieben so aber bestehen.

Augen zu und durch: Der Brexit ist ein Musterbeispiel für die Folgen des Nationalismus. Um den wirklichen Problemen nicht ins Auge sehen zu müssen, redeten sich Nationalisten die Welt ohne die EU schön. Praktisch nichts davon war wahr.

Nationalismus ist eine Ausrede

Gehen diese Länder eine Partnerschaft ein, müssen sie ehrlich mit sich selbst sein. Die Partner werden von den Italienern fordern, vernünftig zu wirtschaften. Von den Briten, dass sie nicht so tun, als würden sich die Herausforderungen einer globalisierten Welt auflösen, wenn sie sich einsam in eine Ecke setzen. Und von den Deutschen, dass sie, wenn sie als Exportweltmeister besonders stark vom einheitlichen europäischen Markt profitieren, auch Verantwortung übernehmen, wenn die EU Geld braucht.

Klar, diese Forderungen gefallen keinem der Länder. Deswegen hoffen Nationalisten auf bequeme Auswege. Sie sagen: „Raus aus den Beziehungen, raus aus der Realität!“ Wie der Mann, der seine Freundin rauswirft, um nicht an sich arbeiten zu müssen, reden auch sie sich ein, dass ihre Probleme verschwinden, wenn ihnen niemand mehr den Spiegel vorhält.

Diese Realitätsflucht ist verständlich. Es braucht Mut und Stärke, Schwächen ins Auge zu sehen und unangenehme Entscheidungen zu treffen. Für den Moment wirkt es einfacher, in Ruhe und Abgeschiedenheit an die eigene Großartigkeit zu glauben. Wer das macht, löst seine Probleme aber nicht. Er lässt sie schlimmer werden bis sie Krisen auslösen.

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Schwimme nicht gegen den Strom, klettere aus dem Fluss: Die AfD ist aus Prinzip dagegen. Das bringt genauso wenig, wie aus Prinzip für alles zu sein. Wer sich wirklich auf andere einlässt, lernt, nicht in Extremen zu denken. Das ist einer der Vorteile von engen Beziehungen zu anderen Ländern.

Nationalismus schadet allen

Die Zukunft Europas liegt nicht in Rückzug und Isolation. Alle Länder sind besser bedient, sich auf andere einzulassen. Indem sie es ihnen erlauben, sie zu spiegeln, wachsen sie. Durch ihn lösen sie Probleme rechtzeitig und stehen in zehn, 20 Jahren besser da, als ohne ihn.

Dieser Prozess ist selten angenehm. Warnungen anderer Länder kommen oft in Form populistischer Panikmache. Salvini, LePen und Co. freuen sich, wenn sie an Deutschland rummeckern können. Die AfD macht es umgekehrt genauso. Aber selbst die Populisten denken sich dafür nichts aus. Das wäre zu leicht zu widerlegen. Sie mögen übertreiben, dramatisieren und hetzen – in ihren Botschaften liegt dennoch ein Kern Wahrheit, aus dem die Länder etwas lernen kann.

Beispiel deutsche Exporte: Ein einheitlicher Markt ohne Zollschranken ist für die BRD ein größerer  Vorteil als für Länder mit schwächeren Wirtschaften. Deutschland verkauft seine Autos nach Griechenland, Italien und Spanien und verdient damit viel Geld. Wenn das aber so weiter gehen soll, müssen auch diese Länder etwas davon haben. Sonst steigen sie irgendwann aus dem gemeinsamen Markt aus und verkaufen ihre eigenen Autos.

Davon kann auch die Bundesrepublik profitieren. Fließt ein Teil des Gewinns über ein europäisches Sozialsystem zurück in die Länder, in denen er gemacht wird, hätte Deutschland zwar zunächst weniger Geld. Verbessert sich dadurch aber die Lebenssituation der Menschen in diesen Ländern, können sie auch mehr einkaufen. Das wiederum dient den deutschen Exporten. Am Ende gewinnen alle.

Das ist wichtig. Denn Länder können dauerhaft nur friedlich zusammenleben, wenn alle etwas davon haben. Dazu braucht es Beziehungen und gegenseitige Kritik. Nationalismus ist der Gegenspieler dieses Erfolgssystems. Dadurch gefährdet er den Wohlstand, den es seit dem zweiten Weltkrieg geschaffen hat.

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Christian Masengarb ist Redakteur bei FOCUS online, Politikwissenschaftler und Historiker.

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