Deuten wir in Donald Trumps Lügen weiter große, versteckte Pläne hinein, verstehen wir ihn nie. Wir verstehen ihn, wenn wir ihn als Ahnungslosen sehen, der Aufmerksamkeit sucht.
Als Donald Trump beim Gespräch mit Journalisten im Weißen Haus diese Woche mal wieder Absurdes erzählt, bricht eine Medienmaschine los, die in dieser Form nicht losbrechen sollte:
- Die USA hätten dreimal so viel für den Ukraine-Krieg gezahlt wie Europa, behauptet der US-Präsident. Europa bekäme sein Geld außerdem zurück.
- Er kündigt in sechs Wochen eine große Entscheidung zu Zöllen gegen die EU an, verrät dann aber sofort, dass diese wohl 25 Prozent betragen.
- Er sagt, die EU sei gegründet worden, um die USA über den Tisch zu ziehen.
- Er sagt, „die NATO kannst du vergessen“. Ihretwegen sei der Ukraine-Krieg ausgebrochen.
- Er verweigert jede Sicherheitsgarantie für Taiwan, falls China das Land angreift.
Verständlicherweise schlagen Menschen, die tatsächlich etwas von Politik verstehen, angesichts dieser Aussagen die Hände über dem Kopf zusammen. Dann reagieren sie aber meist auf eine Art, die Trump hilft:
- Sie zeigen, dass Europa in Wahrheit mehr für die Ukraine gezahlt hat als die USA und das Geld für verschossene Munition logischerweise nie wieder sieht. Dann mutmaßen sie, Trump wolle mit seinen Behauptungen einen besseren Deal für USA aushandeln.
- Sie zeigen, dass Trump ständig Zölle in unterschiedlicher Höhe und für unterschiedliche Produkte ankündigt. Dann bezeichnen sie dieses Vorgehen als Verhandlungsstrategie.
- Sie zeigen, dass zweifelsfrei russische Panzer am 24. Februar in die Ukraine rollten, um Kiew in drei Tagen zu besetzen. Dann fragen sie, mit welchem weltpolitischen Kalkül Trump Putins Propaganda verbreitet.
All diese Analysen tun Trump einen Gefallen. Sie stellen ihn als schlauer hin, als er ist. Die Wahrheit lautet eher:
- Wahrscheinlich versteht Trump nichts von Zöllen und ihren Folgen. Um trotzdem Großes zu verkünden, spricht er von einem wichtigen Termin in einigen Wochen. Beeindruckt das seine Zuhörer nicht, schiebt er die 25-Prozent-Drohung nach. Kein Plan. Nur die Suche nach Aufmerksamkeit.
- Trump erfindet Zahlen über die Unterstützung der EU für die Ukraine, weil er die echten Zahlen nicht kennt.
- Trump weiß weder wann noch warum die EU gegründet wurde.
- Trump kennt die Vorgeschichte des Ukraine-Kriegs nicht.
- Trump vermeidet Aussagen zu Taiwan, weil er das Land nicht mal auf einer Karte finden würde.
Trump hat keine Strategie. Und er hat keine Ahnung.
Alles, was Donald Trump in den vergangenen Monaten tat und sagte, deutet nicht auf ein Genie hin, dass weltpolitische Ziele verfolgt. Es deutet hin auf einen fast 80-Jährigen, der geistig abbaut und nach Aufmerksamkeit giert. Auf einen Menschen, der von sich sagt, er habe mehr Bücher geschrieben als gelesen, obwohl er selbst seine angeblich eigenen Bücher von anderen Leuten schreiben ließ, und nun ahnungslos und überfordert im Weißen Haus sitzt. Es deutet darauf hin, dass der mächtigste Mensch der Welt auch einer ihrer dümmsten ist.
Damit das niemand merkt, wirft er mit Begriffen um sich, auf die sich Leute stürzen. Bekommen Menschen seinetwegen Panik, wirkt er stark statt ahnungslos. Also redet er von 25-Prozent-Zöllen, gibt der Ukraine die Kriegsschuld und will den Gazastreifen ethnisch säubern, weil ihm das mehr Aufmerksamkeit bringt als sinnvolle Lösungsansätze. Das ist alles. Mehr steckt nicht dahinter.
Trump denkt nicht in Schachzügen. Er denkt in Momenten. Wer ihm schmeichelt, bekommt Zustimmung. Wer ihn kritisiert, wird angegriffen. Er plappert nach, was er irgendwo gehört hat. Er lässt sich Dinge einreden. Er schlägt sich so gut es geht durch. Weil er sich dabei gut verkauft – weil er ein Leben lang gelernt hat, sich herauszureden und Menschen gegeneinander auszuspielen -, kommt er damit durch. Helfen wir ihm nicht. Entreißen wir ihm seine Maske.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) February 19, 2025
Alles falsch: Donald Trump, Präsident der USA, bei Twitter. Herrje.
Aufmerksamkeitssüchtige Politiker sind gefährlich
Im Ergebnis ähnelt Trumps Auftreten russischer Propaganda unter Wladimir Putin: Falschinfos verbreiten, bis die Menschen nicht mehr an Wahrheit glauben. Aber die Ursachen sind andere. Putin verfolgt langfristige Ziele. Trump nicht. Das erhöht die Gefahr, dass er Dummes und Gefährliches tut.
Rationale Politiker bedenken die langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen. Auch sie mögen es, wenn man ihnen schmeichelt. Aber sie lassen sich deswegen nicht zu schlechten Entscheidungen verleiten.
Trump schon. Putin und der chinesische Diktator Xi Jinping wissen, wie sie das ausnutzen. Weil Trump eher unbeschränkte Herrscher mag als demokratische gewählte Politiker mit Verfassungen und Rechten, wirken deren Schmeicheleien zudem stärker.
Anderseits sabotiert Trump Demokratie und Gerichte, um seine Macht zu sichern und damit die Aufmerksamkeit. Er zerstört das Fundament der Sicherheit und des Wohlstands der USA. Langfristig werden ihn die Menschen dafür hassen. Aber wieder gilt: So weit denkt Trump nicht.
Großes Genie? Donald Trump denkt über den Gazastreifen, den er ethnisch säubern will, in einer Tiefe nach, die einem 15-Jährigen peinlich wäre.
Sehen wir Trump endlich, wie er ist
Wir in Deutschland sollten Trump endlich als das sehen, was er ist:
- Wir sollten nicht darauf hoffen, dass sich die USA unter Trump um unsere Sicherheit und unser Wohlbefinden scheren. Das wäre zwar auch für sie sinnvoll, weil Europa ein wirtschaftlich und militärisch stärkerer Partner ist als Russland. In diesen Kategorien denkt Trump aber nicht.
- Zittern wir jedes Mal vor Trump, wenn er Unsinn erzählt, schmeicheln auch wir ihm. Er genießt es, praktisch alles erzählen zu können und trotzdem als Verhandlungsgenie zu gelten. Also erzählt er mehr Unsinn. Drehen wir den Spieß um: Lachen wir ihn aus. Aufmerksamkeit bekommt er nur für ehrliche Politik.
- In Deutschland kandidieren Politiker, die ähnliche Positionen wie Trump vertreten und ihn unterstützen. Wählen wir sie, ketten wir unser Land ebenfalls an die Launen Unberechenbarer. Darunter werden wir leiden. Tun wir es besser nicht.
Fazit
- Trump geht es nicht um Strategie, sondern um Aufmerksamkeit. Wer ihm dabei große Taktiken und Ziele unterstellt, hilft ihm.
- Trump ist leicht manipulierbar, weil er nach Applaus giert. Das macht ihn gefährlich. Seine schlecht durchdachten Schnellschüsse werden regelmäßig nach hinten losgehen.
- Die beste Strategie gegen Trump: Ihn als den Ahnungslosen sehen, der er ist. Nehmen wir seine Schnellschüsse ernst, macht er mehr davon. Dann wird alles nur schlimmer.
Wie wir Populismus erkennen und aus der Politik verbannen, erfahren Sie in meinem Buch „Es gewinnen alle oder keiner“.

Artikelbild: By The White House – https://www.flickr.com/photos/202101414@N05/54348618595/, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=160486552