Am heutigen Dienstag treffen sich in Saudi-Arabien der russische Außenminister Sergej Lawrow und US-Amtskollege Marco Rubio, um über ein drittes Land zu verhandeln, als habe dieses kein Recht auf eine eigene Meinung. Sie wollen in Riad Friedensgespräche über den Krieg in der Ukraine vorbereiten, bei denen bald Russlands Diktator Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump am Tisch sitzen dürften, aber wohl keine Vertreter der Ukraine und erst recht nicht Europas.
Es ist nicht das erste Mal, dass zwei Länder ein drittes für ihre Eigeninteressen aufteilen. Es wäre das erste Mal, dass es gut geht. Schon fühlen sich in Deutschland einige an den Hitler-Stalin-Pakt zur Aufteilung Polens erinnert. Ex-Außenminister Joschka Fischer warnt, Trump könnte Europa als engen Verbündeten durch Russland ersetzen wollen und Wladimir Putin daher weitreichende freie Hand zugestehen.
Doch was würde ein solcher Deal bedeuten? Was sind die best- und schlechtestmöglichen Ergebnisse von Trump-Putin-Verhandlungen? Was ist am wahrscheinlichsten?
Was Trump und Putin bei Ukraine-Verhandlungen erreichen wollen
Trump will einen schnellen Sieg für das eigene Image
Trump braucht einen Erfolg. Es geht ihm nicht um die Ukraine oder die Sicherheit Europas. Er will einen Deal, den er als beste Friedensvereinbarung aller Zeiten präsentieren kann. Ob dieser wirklich stabil ist, interessiert ihn nicht. Er will einen kurzfristigen Triumph. Verursacht das Abkommen in einigen Jahren Probleme, ist er aus der Politik raus oder schiebt die Schuld anderen zu.
Joschka Fischer meint, Trump verfolge eine globale Strategie. Ich glaube, so weit denkt er nicht. Sein Team versteht die Lage in der Ukraine bestenfalls oberflächlich. Noch weniger begreifen sie, wie Putin denkt.
Trumps Instinkt sagt ihm: Ein schneller Deal hilft ihm innenpolitisch. Sein Ziel wird daher sein, eine Einigung zu finden, die einfach klingt, aber langfristig nicht durchdacht ist.
Putin nutzt Verhandlungen als Waffe
Putin will den Krieg nicht beenden, sondern den Westen destabilisieren. Er nutzt den Krieg, um Unsicherheit zu schüren und Europa zu spalten. Verhandlungen sind für ihn kein Mittel zur Lösung, sondern ein Mittel zur Schwächung seiner Gegner. So hat er sie bislang immer eingesetzt. Es gibt keine Grund, warum er dies nun ändern sollte.
Putin wird versuchen, Trump ein Abkommen zu verkaufen, das Russland langfristig nützt:
- Demilitarisierung der Ukraine, damit diese sich künftig nicht verteidigen kann.
- Anerkennung besetzter Gebiete als russisch, um den Krieg als Sieg zu beenden.
- Unregierbarkeit der Ukraine, also eine politische Lage, in der die Ukraine instabil bleibt und für Russland leichter manipulierbar wird.
Putin stimmt einem Deal nur zu, wenn er ihm die Möglichkeit gibt, in Zukunft weiter Druck auf die Ukraine und den Westen auszuüben.
Was können Friedensverhandlungen zwischen Trump und Putin bringen?
Die bestmöglichen Ergebnisse
- Die Ukraine bleibt unabhängig und stark: Trump zwingt Putin, das Gebiet der Ukraine zu respektieren, und sichert langfristige Militärhilfen zu.
- Sicherheitsgarantien für die Ukraine: Ein Abkommen mit ukrainischer und europäischer Beteiligung stellt sicher, dass Russland die Ukraine nicht erneut angreift – durch einen NATO-Beitritt der Ukraine oder andere Schutzmechanismen.
- Echter Waffenstillstand: Russland zieht sich aus besetzten Gebieten zurück, und die Ukraine erhält wirtschaftliche Unterstützung für den Wiederaufbau.
Diese Ergebnisse wären ideal. Sie erfordern aber eine Verhandlungsführung, die Trump überfordern dürfte. Er müsste Putin überlisten: Er müsste ihm eine für die Ukraine günstige Lösung so verkaufen, dass dieser sie für eine Destabilisierung hält, die seinen eigenen Zielen dient. Nichts deutet darauf hin, dass Trump oder eines seiner Regierungsmitglieder dieses Feingefühl besitzt.
Die schlimmstmöglichen Ergebnisse
Wahrscheinlicher sind schlechte Ergebnisse, die Putins Macht stärken und die Ukraine gefährden:
- Ein Deal auf Kosten der Ukraine: Trump erklärt den Krieg für gelöst, drängt die Ukraine aber in eine schwache, ungeschützte Position.
- Anerkennung russischer Gebietsgewinne: Trump könnte Putin Gebiete überlassen – ein fatales Signal an andere Autokraten weltweit: „Krieg lohnt sich.“
- Ein instabiler Waffenstillstand: Putin bekommt Zeit, seine Armee neu aufzustellen und später erneut anzugreifen.
Diese Ergebnisse wären katastrophal für die Ukraine und für Europa.
Was ist das wahrscheinlichste Ergebnis?
Ein realistisches Szenario liegt zwischen diesen Extremen. Trumps Wunsch nach einem schnellen Erfolg bedeutet, dass er er Putin wohl Zugeständnisse macht, solange er dabei gut aussieht.
Die wahrscheinlichsten Folgen eines Trump-Putin-Deals:
- Kein NATO-Beitritt der Ukraine – Trump wird Putins Wunsch erfüllen, die Ukraine aus dem Bündnis herauszuhalten.
- Einige russische Gebietsansprüche werden anerkannt, offiziell oder inoffiziell.
- Ein instabiler Waffenstillstand, der nur auf dem Papier existiert, während Putin weiterhin die Ukraine unter Druck setzt.
- Europäische Sicherheitsstrukturen werden geschwächt, weil Trump sich weiter von der NATO distanziert.
Dieses Ergebnis wäre ein Marketing-Sieg für Trump, ein politischer Sieg für Putin und ein massives Risiko für Europas Sicherheit .
Wie kann Europa seine Sicherheit verbessern?
Egal, wie die Verhandlungen ausgehen, Europa darf nicht warten, bis Trump und Putin Fakten schaffen. Drei Dinge sind jetzt entscheidend:
- Europas eigene Sicherheitsstrategie stärken: Weniger Abhängigkeit von den USA. Europa braucht eine starke gemeinsame Verteidigungspolitik.
- Die Ukraine unabhängig unterstützen: Finanzielle und militärische Hilfe unabhängig von den USA sichern.
- Putins Verhandlungsstrategie entlarven: Europa muss deutlich klarmachen, dass Putins Ziel nicht Frieden, sondern Destabilisierung ist – und dass Trump dies aus unwissender Selbstverliebtheit in Kauf nimmt.
Wie wir Populismus erkennen und aus der Politik verbannen, erfahren Sie in meinem Buch „Es gewinnen alle oder keiner“.

Artikelbild: Donald Trump und Vladimir Putin bei einem Treffen im Jahr 2019. Quelle: By Kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=80015809