Alle Populisten bekämpfen die Demokratie mit den gleichen zwei Tricks. Donald Trump führt sie uns vor. Lernen wir daraus. Dann halten wir sie in Deutschland auf.
Schon am ersten Tag im Amt zeigt Donald Trump, was Populisten so gefährlich macht: Der neue US-Präsident begnadigt fast alle Angreifer, die am 6. Januar 2021 das US-Kapitol in Washington gestürmt hatten.
Diese Angreifer hatten einen Galgen errichtet. Sie hatten „Hängt Mike Pence!“ gerufen, weil sich Trumps damaliger Vizepräsident weigerte, die Bestätigung von Joe Biden als Trumps Nachfolger zu verhindern. Sie hatten einen Polizisten zu Tode geprügelt und 140 weitere teils schwer verletzt. Sie hatten erklärt, Abgeordnete töten zu wollen.
Laut Donald Trump haben diese Angreifer nichts falsch gemacht. „Das waren friedliche Menschen“, sagt er einige Monate nach dem Angriff. „Das waren tolle Menschen. Es lag so viel Liebe in der Luft – so etwas habe ich noch nie erlebt.“ Am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit gießt er diese Lüge in Recht.
Wir in Deutschland sollten uns Trumps Begnadigungen genau anschauen. Sie zeigen, wie alle Populisten vorgehen – auch hierzulande. Sie zeigen, worauf wir uns einstellen müssen und wie wir verhindern, dass bald auch bei uns ein blutrünstiger Mob Parlamente stürmt.
Trick 1: Populisten missbrauchen Gesetze und Wahlen
Trumps Begnadigungen verdeutlichen den ersten Trick der Populisten: Sie bauen den Staat so um, dass sie und ihr Clan an der Macht bleiben. Sie missbrauchen Gerichte und Wahlrecht, damit diese ihre Herrschaft stützen, statt Recht zu sprechen und den Willen des Volkes umzusetzen.
Trump versuchte diesen Trick bereits am 6. Januar 2021. Bevor die Angreifer das US-Kapitol stürmten, forderte er sie bei einer Rede auf, bis zum Ende zu kämpfen. Er ermahnte sie, Vizepräsident Mike Pence zur Rechenschaft zu ziehen. Er wusste, dass unter ihnen bewaffnete, gewaltbereite Menschen waren. Trotzdem wartete er drei Stunden, bis er den Mob aufrief, den Angriff zu beenden. Obwohl im Kapitol die wichtigsten Politiker des Landes saßen. Obwohl seine Familie und seine Berater ihn anflehten, den Schrecken zu beenden.
Was am 6. Januar im Kapitol geschah, war die logische Folge eines Populisten, der ohne Rücksicht auf Verluste um Macht kämpft. Wahlen interessieren ihn nicht. Missfällt ihm ihr Ergebnis, bekämpft er es. Notfalls mit Gewalt. Diese Missachtung des Volkswillens werden auch deutsche Populisten zeigen.
Nach seiner Wiederwahl dankt Trump den Angreifern des 6. Januar, indem er sie begnadigt. Auch Recht und Gesetze interessieren ihn nur, wenn sie ihm dienen.
All das deutet darauf hin, dass Trump auch in vier Jahren versuchen wird, selbst im Amt zu bleiben oder ein Mitglied seines Clans an die Macht zu bringen. Am 6. Januar 2021 haben die USA seinen ersten Angriff auf Demokratie und Wohlstand abgewehrt. In vier Jahren dürfte ihnen dies schwererfallen: In Trumps neuer Regierung sitzen unterwürfige Gefolgsleute statt Demokraten wie Mike Pence.
Lassen wir es in unserem Land gar nicht so weit kommen.
Trick 2: Populisten ersetzen freie Medien durch ihre Propaganda
Trump kann einen Tag, an dem Polizisten zu Tode geprügelt werden, als Fest der Liebe verkaufen, weil eine Armee an Wahrheitsverdrehern seine Lügen glaubwürdig redet. Auch das ist kein Zufall.
Alle Populisten bringen Medien auf ihre Linie und beseitigen die, die unabhängig bleiben wollen. Fox News, der größte Nachrichtensender der USA, verbreitet Trumps Erfindungen als Wahrheit. Ultrarechte Kommentatoren in Radio und Internet betten sie in Verschwörungstheorien ein. Die Sozialen Medien Facebook und X (ehemals Twitter) haben Moderatoren abgeschafft, die Lügen als solche kennzeichneten.
Deswegen unterstützt laut Umfragen rund ein Drittel der US-Amerikaner Trumps Begnadigungen. Rund ein Drittel der Amerikaner glaubt seine Version eines friedlichen Protests. Rund ein Drittel der Amerikaner glauben auch, böse Mächte hätten Trump 2021 den rechtmäßigen Wahlsieg gestohlen. Rund ein Drittel der Amerikaner glauben Trump alles. Bei Wahlbeteiligungen um 65 Prozent, wie sie in den USA normal sind, reicht dieses Drittel zum Sieg.
Sagen wir Populisten, was wir allen Schreihälsen sagen
Donald Trump führt uns in den USA vor, was alle Populisten tun. Recep Erdoğan in der Türkei, Viktor Orban in Ungarn, Vladimir Putin in Russland: Alle Populisten aller Länder verbiegen Wahlen und missbrauchen Gesetze, um ihre Macht zu sichern. Mit riesigen Desinformations-Kampagnen verwischen sie ihre Spuren. Gelingt ihnen das, bereichern sie sich selbst und ruinieren ihre Länder.
Als Bewohner eines Landes, in dem ebenfalls Populisten nach Macht streben, sollten wir dieses Muster kennen. Beschimpfen Politiker auch bei uns Medien und Gerichte, wollen sie Medien abschaffen und durch ihre eigenen ersetzen, folgen sie der Grundtaktik aller Populisten. Sie weisen nicht auf tatsächliche Missstände hin. Sie vertreten weder das Volk, noch wollen sie dem Volk Macht zurückgeben. Sie vertreten ihre eigenen Interessen. Sie wollen sich Macht sichern.
Fallen wir nicht darauf herein. Fragen wir uns: Was haben Populisten in der Türkei, Ungarn und den USA gemacht? Versuchen Populisten in unserem Land das Gleiche? Dann wehren wir uns dagegen, bevor es zu spät ist.
Sagen wir Politikern, die die Grundtaktik des Populismus anwenden, was wir auch Menschen sagen, die uns in Gesprächen beleidigen oder im Büro herumschreien: „Entweder ihr bessert euch oder wir wollen nichts mit euch zu tun haben. Denn so, wie ihr mit anderen umgeht, schürt ihr nur Streit.“
Wie wir Populismus erkennen und aus der Politik verbannen, erfahren Sie in meinem Buch „Es gewinnen alle oder keiner“.
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