Die Finnen haben einen neuen Nationalsport: Sie machen sich im Internet über Donald Trumps Kommentar zu den Waldbränden in Kalifornien lustig. Der Spaß hat einen ernsten Hintergrund.
In Kalifornien toben derzeit die tödlichsten Waldbrände der amerikanischen Geschichte. Bei einem Ortsbesuch bemerkte der amerikanische Präsident Donald Trump unlängst, dass es in anderen Ländern keine derartigen Probleme gebe. Der finnische Präsident
Sauli Niinistö habe ihm berichtet, dass seine Bürger „viel Zeit aufwenden, um [den Waldboden] zu kehren und zu reinigen und Sachen zu machen.“ Daher hätten die Finnen keine Probleme mit Waldbränden, erklärte Trump.
Niinistö wies die Behauptung umgehend zurück. Er habe nie etwas in diese Richtung gesagt. Auch die kalifornische Feuerwehr widersprach dem Präsidenten: Die extremen Winde des Klimawandels würden die Waldbrände anfachen. Außerdem gehöre der Großteil der Wälder dem Bund, also wären Trumps Behörden für das Laubfegen verantwortlich.
Die Finnen nahmen den Streit mit Humor: Unter dem Hashtag #Haravointi („Rechen“) posten sie in den sozialen Medien Bilder, die sie beim erfüllen ihrer angeblichen ersten Bürgerpflicht zeigen, dem Rechnen des Waldes.
Die Episode mag lustig sein. Sie verrät aber auch viel über den amerikanischen Präsidenten und sein Bild in der Welt.
Deswegen lachen die Finnen über Donald Trump
Dass man nicht über Unkenntnis lacht, wissen auch die Finnen. Der Grund, warum sie bei Donald Trump so freudig eine Ausnahme machen, liegt zum einen an dessen glorifizierender Selbstdarstellung. Vor allem aber daran, dass ihm seine Anhänger diese Darstellung abnehmen.
Die Aussagen des Präsidenten über sich selbst und die Posts auf seinen Social-Media-Konten erzeugen gezielt das Bild des besten Politikers aller Zeiten. Das ist an sich nicht weiter schlimm. Viele Politiker haben ein ähnlich übersteigertes Selbstwertgefühl.
Das witzige an Trump ist, dass mancher seiner Anhänger dieses Bild scheinbar bedingungslos glauben. Der Präsident kann noch so offensichtlichen Unsinn erzählen, ein erheblicher Teil der Amerikaner wird ihn trotzdem weiter verehren – einem Denkfehler namens Kognitiver Dissonanz sei Dank. Nur das ist witzig.
Arme Irre gibt es zur Genüge. Niemand lacht über sie. Das gilt auch für Trump: Würde er nach Kommentaren wie dem über die Waldbrände sofort abgesetzt, die Menschen hätten Mitleid mit dem armen, überforderten Mann. Springt ihm aber eine Armee williger Unterstützer sofort zur Seite und erklärt, warum seine Aussage die genialste Idee aller Zeiten war oder warum sowieso die bösen Medien alles falsch darstellen, dann lachen nicht nur die Finnen. Arme Irre, denen Millionen Menschen hinterher laufen – das ist schreiend komisch.
Sollten wir mit den Finnen über Donald Trump lachen?
Wirklich guter Humor ist nicht nur witzig, er ist auch ein Spiegel für uns selbst. Wenn wir mit den Finnen über Donald Trump lachen, können wir einiges lernen.
Der gleiche Effekt, der manche Trump-Anhänger zu kritikunfähigen Lemmingen werden lässt, wurde in psychologischen Studien für Politiker aller Parteien nachgewiesen. Hielten die Forscher beispielsweise einem Republikaner Aussagen des ehemaligen republikanischen US-Präsidenten George W. Bush vor, sagten aber sie seien von Bill Clinton, fand die überwältigende Mehrheit der Demokraten allerhand Gründe, warum diese Aussagen genau zu ihrem Kandidaten passten. Umgekehrt taten Republikaner das gleich, wenn ihnen Aussagen Bill Clintons als Aussagen George Bushs präsentiert wurden.
Den gleichen Fehler macht jeder von uns. Wir sehen, was wir glauben wollen. Widerspricht die Realität unseren Überzeugungen, passen wir die Realität an, nicht unsere Überzeugungen. Erzählt unser Lieblingspolitiker Unsinn, finden auch wir Gründe, diesen Unsinn zu rechtfertigen.
Eine Demokratie würde besser funktionieren, wenn wir diesen Denkfehler überwinden könnten. Dann könnte kein Demagoge unsere Stimme stehlen, nur weil er für die Partei antritt, die wir schon immer gewählt haben. Bei Donald Trump war genau dieser Faktor für einen guten Teil seiner Wähler entscheidend: Sie wollten einfach keinen Demokraten wählen,, wie Umfragen zeigen.
Die finnische Humor-Offensive dient als Erinnerung: Wenn wir nicht aus den Fehlern der Trump-Anhänger lernt, lachen die Finnen bald über uns.