Wer dachte, in der Debatte um den Kauf des amerikanischen Kampfjets F-35 sei schon alles Dumme gesagt, dem beweist Gregor Gysi (Linke) wieder einmal, dass erfahrene Populisten immer noch einen Verdreher draufsetzen können: Die von ihm „Atombomber“ genannten Jets erhöhten die Gefahr, von Deutschland aus könnten Atombomben eingesetzt werden, behauptet er bei Instagram. Daran ist so viel falsch, man weiß kaum, wo man anfangen soll.
Bomber, Kampfjets und atomare Fähigkeiten, die die Bundeswehr seit Jahrzehnten besitzt
Konzentrieren wir uns also auf das Wesentliche: Zwischen viel zusammenhanglosem Geschwurbel, das den Eindruck erwecken soll, alle außer der Linken hätten die Vernunft verloren und die F-35 seien der letzte Schritt zum großen Atomkrieg, will Gysi seinen Lesern auch sachlich Falsches einreden: „Mit diesen Atombombern wäre die Bundeswehr in der Lage, in Deutschland gelagerte Atombomben zu transportieren“, behauptet er. Das stimmt nicht:
1. Bundeswehr kann schon Atomwaffen transportieren
Die Tornado-Jets der Bundeswehr können seit den 1980er-Jahren in Deutschland gelagerte Atombomben transportieren. Die inzwischen ausgemusterten F-4 konnten es seit den 1970er-Jahren. Auch die Eurofighter der Bundeswehr könnten bei Bedarf recht schnell für den Einsatz von Atomwaffen umgerüstet werden. Die Bundeswehr besitzt also über 200 Kampfjets, die Atomwaffen einsetzen können oder könnten. Gysi erweckt den Eindruck, die Bundeswehr könne dies bislang nicht. Falsch.
2. F-35-Bomben noch nicht in Deutschland
Die F-35 wird darauf vorbereitet, zwei eher kleinere Atombomben gleichzeitig zu tragen. Diese werden aber gerade erst hergestellt und liegen noch nicht in Deutschland. Größere Versionen der gleichen Bombe, die der Tornado trägt, sind bereits in Deutschland stationiert, die F-35 kann sie aber nicht transportieren. Auch hier hat Gysi schlicht unrecht.
3. F-35 ist ein Kampfjet, kein Bomber
Voll bewaffnet mit zwei Atombomben schafft die F-35 eine Reichweite von nicht einmal 1500 Kilometern. Ein B-52 Bomber fliegt mit 34, teils siebenmal so starken Atombomben wie jene der F-35 über 7000 Kilometer weit – weil er wirklich ein Bomber ist. Die F-35 ist ein Kampfjet, der notfalls auch Atomwaffen trägt, kein Atombomber, wie Gysi behauptet. Mit ihr einen Atomkrieg zu beginnen, wäre, wie einen Löwen mit einer Nadel in den Hintern zu piksen: Es besiegt niemanden, löst aber ein böses Echo aus.
Gysi bezeichnet die F-35 als Atombomber, weil er damit mehr Angst in den Köpfen der Menschen schürt und sein Feindbild befeuert. Um Politiker, die sie derart in die Irre führen wollen, sollten Wähler einen Bogen machen.
4. F-35 ändert nichts am nuklearen Gleichgewicht
Russland besitzt über 6000 Atomsprengköpfe, über 4000 davon sollen einsatzfähig sein. Die USA verfügt über fast genauso viele. Kommt es zum atomaren Konflikt, ändern die 35 geplanten F-35 der Bundeswehr wenig am Ausgang. Gysis Schreckensbild, der Bundesrepublik drohe durch die Neuanschaffung eine erhöhte Gefahr, ist falsch: Atomkriege verhindern wir in den Köpfen der Menschen. Der Kopf von Putin versteht nur Abschreckung.
Oben einige F-35, unten ein B-52, ein echter Atombomber: Der Bomber ist fünfmal so breit und zehnmal so schwer wie eine F-35. Selbst wahrheitsresistente Populisten wie Gregor Gysi sollten den Unterschied erkennen. Diesen verrät schon der Name: B steht für Bomber, F für Fighter, also Kampfjet. Dennoch rückt Gysi die kleine F-35 in die Nähe riesiger Bomber. Das ist Populismus: Deutschland kauft keine Atombomber.
Klassischer Populismus, erfundene Feindbilder und Hilfe für den Kriegstreiber
Gysi zieht ein Schreckensszenario an den Haaren herbei. Tut er, als würden wegen der F-35 eines Tages Atombombem auf Deutschland fallen, geht es ihm weder um Fakten noch um eine hilfreiche Meinung. Er will in seinen Lesern das unscharfe Gefühl befeuern, die Welt werde immer schlimmer; eine Mischung aus Unvernunft und Geldgier beschwöre einen Krieg herauf und wir seien daran Schuld.
Das ist klassischer Populismus: Gysi erfindet eine Bedrohung und verkauft sich als Beschützer vor ihr. Trump und Putin machen es genauso.
Wie unsinnig Gysis Sicht ist, zeigt sich, als er am Ende seines Beitrags fragt „Kann man nicht endlich die Politik wieder umkehren und an Konfliktlösungen, statt an militärische Lösungen denken?“ Man möchte ihm zurufen: „Schön wär’s. Vor allem die russische.“
Doch Gysi blendet aus, dass Putin genauso nach dem Recht des Stärkeren handelt wie der von ihm stets als warnendes Beispiel angeführte Adolf Hitler. Er ignoriert, dass Deutschlands besondere historische Verantwortung uns aufruft, zu tun, was Hitler in die Schranken wies, nämlich Aufrüstung. Er zieht lieber Szenarien an den Haaren herbei, in denen der Kauf von 35 Kampfjets die größte Gefahr für den Frieden darstellt und nicht Wladmir Putin. Absurd. Gysi, der selbst-inszenierte Friedensverteidiger, hilft Putin, dem größten Kriegstreiber unserer Zeit.
Wer sich durch Gysis gesamtes Traktat kämpft, fragt sich, ob er auch die sowjetische Aufrüstung nach dem Überfall durch Nazi-Deutschland im Jahr 1941 als Kriegstreiberei gebrandmarkt hätte. Hätte es ihm ins Feindbild gepasst, das beweist Gysi fast täglich, wäre er sich auch für diese Dummheit sicher nicht zu schade gewesen.